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Pech, Schwefel, Hoffnung und Tapetenlikör

Am vergangenen Sonntag  eröffnete er die große Künstler-Friedenskundgebung „Sound of Peace“ am
Brandenburger Tor in Berlin. An diesem Freitag erscheint die erste Soloplatte von Fortuna-Ehrenfeld-Kopf Martin Bechler.

13 Stücke sind darauf zu finden, meist zurückhaltend instrumentierte Balladen –
Chansons, klassisch angehauchte Klavier-Miniatu-
ren, Schlafliedzitate, irgendwas zwischen Kurt
Weill und Tom Waits – einfach aufs Äußerste redu-
zierter Pop.

 

„Solo I.“ ist eine nachdenkliche und zugleich
mutmachende Reise durch unser von schlechten Nachrichten aufgeschürftes Gemüt. Die Lieder passen wie gerufen in eine bleierne Zeit zwischen allgemeiner Pandemiemüdigkeit und Kriegsangst. Sie sind zerbrechlich und feinfühlig, aber niemals kapitulationsbereit.

 

Martin Bechlers Songs macht aus, dass sie auch in ihren ruhigsten Momenten nicht gänzlich herunterziehen, sondern sachte anfeuern und Hoffnung schimmern lassen. Ich weiß, wie es dir gerade geht („Also so fühlt sich das an, wenn man einfach nicht mehr kann“), versichert der Künstler – aber aufgeben ist auch keine Option!

 

Die melancholisch-positive Einstellung spricht aus jeder Zeile dieser Platte. Wie in „Pech und Schwefel“, wo es heißt: „Stell dir vor, der Teufel kommt uns holen / und es sieht für den Moment recht finster aus / Bonnie sprach zu Clyde / Pass auf, ich bin noch nicht so weit / Komm’, wir jagen den zu zweit zur Tür hinaus“.


Ein launiger Ausreißer, sozusagen der „Hofnarr“ in dem guten Dutzend Lieder, ist „Bohemian Rhapsodie“ – nicht verwandt oder verschwägert mit dem fast gleichnamigen Queen-Hit. Bei Bechler ist es ein übermütig-rätselhafter Talking-Blues. Eine Kneipen-Scharade, bei der keiner zu Schaden kommt, aber mit „Brüllaffentango“, „Tapetenlikör“ oder „Suppenschmonzett“„einige der bescheuertesten Worte des Universums“ das Licht der Welt erblicken. Übrigens
unter merklich fröhlicher Mitwirkung der Schauspielerin Annette Frier.


Wer von einem Lied einfach mal in den Arm genommen werden möchte, wird die schwermütige Leichtigkeit dieser Platte sehr zu schätzen wissen. Und gestärkt wieder daraus auftauchen.

„Schüttel’ jetzt dein Haar / zu all den abgefuckten Themen / in einem abgefuckten Jahr“, singt Bechler. Denn irgendwo hat er für jeden noch ein kleines Shalala übrig.

 

Fortuna Ehrenfeld: „Solo I.“ (tonproduktion records)